Der Jazz und die Dauner-Connection

 

Schon als Gymnasiast begeisterte ich mich für den Jazz. Nur deshalb meldete ich mich, als der Musiklehrer für sein zukünftiges Schulorchester einen Kontrabassisten suchte. Nachts, wenn nach Mitternacht die Jazzsendung auf Europe 1 mit Daniel Filippachi kam (war in Deutschland nur im Saarland zu empfangen), lauschte ich im Bett, das Radio dicht am Ohr, damit meine Eltern nicht die „Jäbbelmusik“ zu hören bekamen. Ich schlief dann darüber ein. Während der Studienzeit an den Musikhochschulen in Saarbrücken und Köln, später auch während meiner Anstellung als Solobassist am Stadttheater in Saarbrücken, spielte ich in verschiedenen Jazzcombos mit, manchmal auch in Jazzkellern als „Einsteiger“. Das hat außer spärlichen Zeitungskritiken keine weiteren Spuren hinterlassen, welche ich hier präsentieren könnte. Es ging manchmal um Geld, manchmal um den Spaß.

Wolfgang Dauner lernte ich anlässlich eines Jazzwettbewerbs in Wien kennen, wo er als Begleiter engagiert war. Er war da wohl der Einzige, der mein exaltiertes Spiel zu schätzen wusste, wohingegen der Juror für Kontrabass die Kritik anbrachte: Learn to walk! (Das lernte ich erst viel später in einem anderen Sinn - wegen meiner Arthrose - zu beherzigen). W.D. lud mich dann ein, bei „besonderen“ Auftritten mitzumachen, soweit das mein Dienstplan gestattete. Er war auch der Grund, weswegen ich mich um eine Stelle im Südd. Rundfunk-Sinfonieorchester in Stuttgart bewarb. Bald nach meiner Übersiedlung war bei Wolfgang das Bedürfnis zu spüren, aus den gewohnten Bahnen in Richtung Free-Jazz auszubrechen, was auch mir gefiel, und was damals wohl eine notwendige Angelegenheit war. Wolfgang sagte mal in einem lichten Moment der Erkenntnis: "Wenn ich Erfolg habe, dann muss ich etwas falsch gemacht haben". Er konnte sich aber aus Gründen des Inkassos nicht lange daran halten.

Was mir an Wolfgang Dauner besonders gefiel: Er konnte zuhören, ging auf die Ideen seiner Mitspieler ein, setzte eigene Impulse drauf, ein wirkliches Zusammenspiel.

 

Leider wurden alle Tonaufnahmen vom Systemadministrator gelöscht, da ich damit Urheberrechte verletze. Ich kann hier nur die beschreibenden Texte bieten.

 

Unter dem Titel Heiße Sachen wurde eine Produktion des SDR im Juli 1968 gesendet. Die Mitwirkenden der zwei Stücke:   Wolfgang Dauner, piano, melodica; Jürgen Karg, bass, vocalisen; Roland Wittich, percussion.

Ich konnte die Sendung am Radio mit meinem Uher-Report nur in mono aufnehmen, wobei etliches verloren ging. Insoweit ist die Aufnahme nur von dokumentarischem Interesse.

Das erste Stück verlässt noch zaghaft die gewohnten wohlgefälligen Bahnen und Muster, wohingegen das zweite expansiv neue Horizonte zu erschließen trachtet, was wir als Befreiung ansahen.                                                                4´17´´ und 5´23´´

 

 

Aus dem Wenigen, welches bei mir die Zeit überdauert hat, möchte ich unter dem neuen Titel Hindemith, her damit! anführen. Diese Hindemith-Persiflage erschien auf der Schallplatte Free Action von und mit Wolfgang Dauner. Die Idee dazu kam, wie könnte es anders sein, von mir als Mitglied eines Sinfonieorchesters. Die Realisation erfolgte „improviso“ (unvorhergesehen), und zwar einmalig ohne Absprache. Die weiteren Spieler waren neben mir W. Dauner am Piano, Eberhard Weber am Cello. Beide hatten die musikalische Vorbildung, um sich in den Geist der Lächerlichkeit einzufühlen, der die Kompositionen von Hindemith auszeichnet. Komiker können aber so kaum einen Komiker überbieten.                                                                         3´50´´

 

 

 

Frankfurt Jazz-Festival 6.9.1969

In der Zeit der Happenings sollte ich zusammen mit dem Dauner-Trio (Dauner, Weber, Braceful) bei dem Jazz-Festival auftreten. Nur Wolfgang Dauner hatte eine ungefähre Vorstellung von dem, was ablaufen sollte. Er hatte auch ein Zuspielband dabei. Mich schickte er zum Anfang allein auf die Bühne. Dort spulte ich mein Repertoire an kontrabassistischen Kapriolen ab. Undefinierbar und möglichst verrückt sollte es sein. Niemand sollte durchblicken, wir ja auch nicht. Immerhin hatte ich die Lacher auf meiner Seite. Nach einigen Minuten ging mir die Munition langsam aus, und ich sehnte mich nach Ablösung. Die drei ließen mich lange hängen. Später sagten sie mir, dass sie versucht hätten, Nebelkerzen zu zünden, aber das hätte nicht geklappt. Endlich kam Dauner auf die Bühne, und begann mit einem terroristisch lauten Überfall mit seiner Elektro-Melodika. Weber kam hinzu, ohne groß aufzufallen. Zuletzt kam Fred Braceful nackt auf die Bühne, und legte wirbelnd los. Er schaffte es damit in die Zeitung: Dauners Neger trommelte nackt. Der Erfolg bestand darin, dass man uns nicht von der Bühne jagte. Es entwickelte sich ein geiles Chaos. Peinlich empfand ich bloß das martialisch laute Zuspielband mit der Voice of Amerika.                                                      Ich muss später die Übertragung am Radio in Mono mitgeschnitten haben.

Von weiteren dergleichen Auftritten kann ich nichts Hörbares vorweisen. Es wäre auch ziemlich witzlos, da nur aus der Situation heraus erlebbar. Das bleibt Erzählungen vorbehalten.

                                                                                                                                                                                        13´19´´

 

Wolfgang Dauner zum 50. Geburtstag

 

Wie und wo dieses Ständchen zustande kam, weiß ich nicht mehr. Ich wurde da mit meinem armseligen Kontrabassgeschrammel regelrecht weggewischt von der Omnipotenz der Elektronik mit ihren überlegenen Arsenalen. Ich war kaum noch zu hören. Das hatte gesessen und gab mir zu denken. Meine Konsequenz: Ohne Elektronik war ich ohnmächtig, musste also nachrüsten.

                                                                                                                                                                                             7´07´´

 

W. Dauner wird von seiner Muse gestochen