Fundsachen

 

 

 

Ein Musikautomat

 

Wolfgang Kiwus brachte mir eine DAT-Cassette mit 2 Stunden Musik von einem Kompositionsautomaten, den er selbst programmiert hat. Es handelt sich hierbei nicht um ein Stück, sondern um ein Endlosprodukt, echte Programmmusik mit sehr differenzierten Motiven. Ich bringe hier einen Ausschnitt von 11 Minuten.

Programmmusik Kiwus.mp3
MP3-Audiodatei [6.3 MB]

        Pick up

 

In der Zeit des musikalischen Umbruchs, als es mir darum ging, neue Klänge musikalisch zu erschließen, faszinierte mich die musique concrète von Pierre Henry. Aus einer spielerischen Laune heraus produzierte ich im November 70 mit extrem bescheidenem technischen Aufwand ohne jegliche Studioausrüstung dieses kleine Stück, lediglich mit einem Plattenspieler und einem Uher-Report. Mit dem Tonarm kratzte ich auf einer Schallplatte und einem kleinen Saiteninstrument (genauer weiß ich es nicht mehr), und nutzte dabei die vier Geschwindigkeiten des Uher-Report. Zu einer Tonbandschnipselei wie bei Henri fehlte mir die Möglichkeit, und für einen solchen Aufwand hätte mir damals auch die Geduld gefehlt. Es sollte nicht mehr als ein Spiel sein. Die Tonbandschnitte ersetzte ich durch „fliegenden Wechsel“ von Aufnahme und Wiedergabe. Dabei benutzte ich den Tonarm als Klangerzeuger, was bald in Discotheken in Mode kommen sollte.

                                                                                                                                                                                               6´11´´

pick up mp3.mp3
MP3-Audiodatei [7.2 MB]

 

 

Eine Epigonie

 

Im Jahr 1969 war ich ein Fan der Fluxus-Bewegung, und fabrizierte das folgende Stück Musikalisches Theater, welches nie zu einer Aufführung gelangte, worum ich mich auch nicht bemühte. Es ging allein um die Darstellung der Gewohnheiten und Rituale.

 

 

Vorgang

 

Gattung: Aktionsbeitrag und experimentelle Studie zur Musiksoziologie

Art:         Musikalische Pantomime ohne Musik

Ort:         Konventioneller Konzertsaal

Dauer:    unbestimmt

Material:

a) materiell: mehrere Musiker, Instrumente mit Zubehör ad libitum (Futterale, Pulte, Notenblätter, Verstärker, Mikrofone, ein Metronom

b) immateriell: sämtliche Vorgänge, welche unmittelbar und mittelbar mit Musik zu tun haben, d. h. die Beziehungen des Musikers zu 1. seinen Produktionsmitteln (Arbeit), 2. seinen Mitmusikern (Konkurrenz), 3. seinem Publikum (Leistungsschau), oder auch die Abhängigkeit der Musik von ihrem lokalen, temporalen und soziologischen Ort; ausgenommen bleibt die Musik selbst.

 

Ablauf:

Die Musiker zeigen auf der Bühne und im Zuschauerraum Tätigkeiten und Verhaltens-weisen, welche mit dem Musikmachen zusammenhängen, z. B. sich verbeugen, Instrument aus- und einpacken, Notenpult auf- und abbauen, in Noten blättern, Vorhang ziehen, Harfe oder Kontrabass durch den Saal transportieren, einstimmen, klatschen, husten, neue Saiten aufziehen, Verstärker Tonbandgerät und Mikrofone ausprobieren und einstellen, Frack anziehen, Basshocker mit Fußrasten einstellen, Bogen spannen und kolophonieren, Instrument putzen, Holzbläsermundstück einblasen, zum spielen ansetzen, stumm spielen (Vorsicht: keine Klamotte!), Einsatz geben, hinter der Bühne leise einspielen, zuhören, u.s.w.

 

Die einzelnen Spieler agieren autonom (keine Absprachen und Proben), können aber aufein-ander und auf das Publikum eingehen und sich zu spontanen Gruppenaktionen vereinigen. Sie sind in ihren Aktionen nur durch das Material gebunden.

Der Vorgang endet damit, dass einer der Spieler, welcher das Bedürfnis dazu verspürt, eine kurze laute Phrase auf seinem Instrument spielt. Sämtliche Spieler erstarren in ihrer aktuellen Stellung und zählen, ohne sich zu rühren, nach einem während der Aktion in Gang gesetztem Metronom (etwa 6o Schläge/min) bis 100 (Solo für Publikum). Danach Abgang.

Etwaig provozierter Applaus wird erst nach dessen Ersterben entgegengenommen.

 

 

 

Ein Schaltplan

 

 

Dieses Diagramm (man sieht ihm das Alter an) habe ich seinerzeit erstellt im Zusammenhang mit den Elektronischen Mythen. Ich blicke da heute auch nicht mehr durch.