Musik
Klaus Enser-Schlag (Sonntag, 15. Januar 2023 00:06)
Himmlische Chorprobe
Die kleinen Putten sind bereit,
denn es ist allerhöchste Zeit,
ganz fleißig den Choral zu proben,
sie haben es nicht leicht dort „oben“!
Der „alte Herr“ ist ziemlich streng
und sieht so vieles gar zu eng!
Die Weihnachtslieder müssen sitzen,
drum lässt er seine Chöre schwitzen.
Huch! Die Fanfare tönt so laut,
dass es ein Englein glatt umhaut!
Der Schreck ist groß, die Stimme weg,
am Popo prangt ein blauer Fleck!
Autsch! Wie die Geigen hässlich klingen
und alle Englein furchtbar singen!
Man resigniert beim hohen C,
manch´ Stimmband schreit da „Ach“! und „Weh!“
Die Atemtechnik ist zum Grausen,
ein Engel lässt ein Lüftchen sausen,
aus jener Öffnung, die tabu,
es stinkt zum Himmel, gradezu!
Die Englein hyperventilieren,
der Dirigent muss resignieren.
Man sieht ihn sich die Haare raufen
und schnurstracks in die Hölle laufen!
Marlis Schlager (Donnerstag, 08. Dezember 2022 14:50)
Der Kontrabass
Es war einmal ein Kontrabass
der wurd` vom Regenwetter nass
weil man ihn vor der Tür vergaß,
noch nie vorher passierte das.
Das alles wegen dieser Frau,
so gross wie er,die Augen blau,
ja die becircte den Bassisten,
er sah wie sie sich heimlich küssten.
Und schwupps, schon waren weg die beiden,
der Kontrabass begann zu leiden,
im Regen wurd er nass und nasser,
sogar im Bauch stand ihm das Wasser.
Da plötzlich zog man ihn ins Haus
und schüttete das Wasser aus,
mit Heissluft, Schwamm und alten Socken
war er sehr bald schon wieder trocken.
Beide versprachen hoch und heilig
nie wieder haben wir`s so eilig,
Du kannst dich jetzt auf uns verlassen,
Nie wieder wirst Du stehn gelassen
Da klang der Bass, anstatt zu stöhnen
fortan nur in den schönsten Tönen.
Wann ist Musik »aktuell«? Man könnte sagen, dass sie immer dann aktuell ist, wenn man sie zum ersten Mal hört. Das mag, auto-biographisch betrachtet, Musik sein, die schon eine Weile zum offiziellen Kanon erhaltenswerter Kulturgüter gehört, einem selbst aber erst spät im Leben über den Weg läuft. Oder es ist Musik, die beim Erscheinen von der überwiegenden Mehrheit der Menschen gar nicht zur Kenntnis genommen wurde. Letzteres trifft allemal auf Jürgen Kargs »Elektronische Mythen« zu, deren Bergung für das digitale Zeitalter etwas auf sich warten ließ. Das Album hatte allerdings auch einen denkbar ungünstigen Start. 1977 auf Volker Kriegels und Wolfgang Dauners Jazzlabel Mood erschienen, muss die erste und bisher einzige Soloplatte von Jürgen Karg wie eine Anomalie gewirkt haben. Der Kontrabassist, der im Wolfang Dauner-Septett – unter anderem neben Eberhard Weber und Mani Neumeier – mitwirkte, hatte sich in den 1970er Jahren eine Reihe modularer EMS-Synthesizer angeschafft und deren Möglichkeiten fünf Jahre lang erforscht. Ergebnis waren seine zwei Suiten »Die versunkene Stadt – Atlantis« und »Vollmond – Selene«. Während erstere ein großes Spektrum von Klangmöglichkeiten bietet, ist das Mondstück reduzierter, flächiger. In beiden Fällen beeindruckt die Konzentration, mit der Karg seine Musik komponiert. Fernab akademischer Kalkuliertheit, zeigt er seinem elektronischen Entwurf keine Scheu, das Eigenleben der Klänge – von klirrend-hell bis düster-mäandernd – in Ruhe auszukosten, ihrem Körper den nötigen Raum zu lassen, ohne ihn um jeden Preis rigiden Konstruktionsprinzipien unterzuordnen. Mit sensationellem Erfolg: Jürgen Kargs »Elektronische Mythen« sind ein übersehener Klassiker, der endlich zu seinem Recht kommt. Und damit völlig aktuell.
Armin Lasched (Mittwoch, 26. Januar 2022 14:28)
Das war die erste Platte die ich in Berlin mal geklaut habe
und zu dieser Zeit habe ich dort in einer der besetzten Häuser gelebt. Da hatten wir riesige Boxen und eine geile Anlage! Da spielen wir, wenn wir bekifft waren, die Platte ab und es war noch geiler
mit anderen Drogen. Aber heute kann ich es mir nicht mehr anhören. Vielleicht sollte ich wieder rauchen?
Jürgen Karg startete seine musikalische Laufbahn in den 1960er-Jahren als Bassist der deutschen Jazzlegende Wolfgang Dauner. Erst in den Siebzigern wendete er sich elektronischer Musik zu. Er tat
dies vehement und erforschte über einen Zeitraum von fünf Jahren seine umfangreiche Synthesizer-Sammlung. Heraus kam 1977 die LP »Elektronische Mythen«, ein mächtiges Werk experimenteller Musik, das
mit jedem Hören neue Facetten offenbart.
Kargs Musik wohnt eine tiefe Ernsthaftigkeit inne. Sie ist irritierend wie ein Jamais-vu-Erlebnis und doch wunderschön. »Elektronische Mythen« ist ein Album, das wie ein Puzzle-Teil zwischen die
erste und zweite Seite des Soundtracks zu »A Clockwork Orange« passen würde. Die Technologie des von Karg zusammengestellten komplexen Systems aus einem Sequenzer und vier EMS-Synthesizern bot
unwahrscheinlich viele Möglichkeiten. Doch genau diese forderten auch ihren Tribut: Die Bedienung war hoch anspruchsvoll und musste vom Künstler in Eigenregie erarbeitet werden. Nicht zuletzt
aufgrund der beachtlichen Anschaffungskosten waren solche Systeme wenig verbreitet und ein Erfahrungsaustausch kaum möglich. Es überrascht daher nicht, dass »Elektronische Mythen« Kargs einziges
Album blieb.
1 Die versunkene Stadt-Atlantis
2 Vollmond-Selene
Renate Ling (Mittwoch, 09. Februar 2022 13:37)
Taktgefühl
"Linus! Pass auf! Die
Box!"
Doch zu spät. Linus stolpert über das noch nicht befestigte XLR-Kabel auf dem Fußboden und fällt. Der Monitorständer kippt und die drauf montierte Box stürzt auf Linus" Beine.
Martinshorn, Einweisung, fünf Wochen Bettruhe.
So hatte Linus sich sein Leben nicht vorgestellt. Er ist gerade mal 23 Jahre alt und soll den Rest seines Lebens im Rollstuhl verbringen? Das kann nur ein Albtraum sein.
Lahme Beine. Als Schlagzeuger.
Es dauert gefühlte Jahre, bis Linus wieder mit seinen Jungs im Probenraum sitzt und bespricht, wie es nun weiter geht. Über den Köpfen der drei Jungs steht in visueller Animationsgrafik die Frage im
Raum: Wie geht es jetzt weiter?
"Ersatz hätten wir schon", bemerkt der Sänger Casper etwas verlegen, "aber das ist ja nicht in unserem Sinne."
"Als ob", denkt sich Linus. Casper ist eine Rampensau. Der braucht die Show wie seine Venen das Blut und würde auch die Bandbesetzung ändern, wenn es sein muss.
In drei Wochen ist der Auftritt, der den Jungs einen Plattenvertrag einheimsen könnte. Als Rockband. Nicht als Akustik-Trio. Denn Gitarre spielen könnte Linus problemlos.
"Ich werde nicht im Rollstuhl auf die Bühne rollern!" bestimmt Linus konsequent.
"Vergiss doch mal deinen Stolz!" Johnny legt seine Gitarre jetzt energisch zur Seite und weist seinen Freund zurecht: "Es geht hier um uns als Band und nicht nur um dich!"
"Lass ihn doch", versucht Casper, den Gitarrero zu beruhigen, "er macht gerade ne heftige Zeit durch!"
"Ich weiß! Trotzdem! Er kann uns als Band nicht außen vor lassen!"
Linus winkt kurz in die Runde: "Hallo? Ich bin im Raum?! Könnt ihr wenigstens so tun, als wäre ich hier?"
Nur Bassist Carl scheint es mit der Planung nicht eilig zu haben: "Gib ihm halt ein bisschen Zeit."
"Die haben wir nicht!" Casper steht jetzt auf und entscheidet: "Also lass dir was einfallen, Linus! Entweder, du bist als Percussionist oder so dabei oder du bist raus."
Linus glaubt noch den Nachhall von Caspers Stimme zu hören: "Ich bin Künstler! Ich brauche meinen Freiraum! Ich kann so nicht arbeiten! Druck blockiert meine Kreativität!"
Doch es ist bloß die Stimme in Linus Kopf, die seine eigenen Gedanken laut herausruft.
Was tun?
Als Schlagzeuger plötzlich Percussionist zu sein gefällt ihm gar nicht, obwohl er Djemben, Orff-Instrumente und Bonjos mag.
Welche andere Wahl hätte er? Die Jungs sind sein – ja, was? Zu Hause? Seine Gang? Sein Metier?
Alles Bullshit.
"Okay, wir satteln um!" beschließt er. "Aber ich rolle nicht im Rollstuhl auf die Bühne, kapiert?"
"Glaub nicht, dass wir dich tragen!" bestimmt Carl.
Mit den Worten "Ich muss nachdenken" verabschiedet sich Linus aus dem Probenraum.
Band. Show. Rock. Visuell. Licht. Image. Plattenvertrag. Dunkel. Effekt. Zauber. Magie.
Komm schon, Idee.
BÄNG!
Dunkel. Zuschauer pfeifen. Applaus. Jubeln. Die Ankündigung der Band.
Doch das Spotlight bleibt aus. Bunte, neonfarbene Röhren erhellen den Raum und rollern an Linus" Rollstuhl befestigt auf die Bühne.
Schwarzlicht goes Rockshow. Und das mit einer Percussion-Begleitung, deren Leidenschaft vor Taktgefühl in einem Stroboskop-Geflacker
auleuchtet.
Toni Haka (Donnerstag, 06. Januar 2022 16:22)
Über Musik Voices Arco
Three interlinked preludes offer an unappetizing barrage of strangled comments about reading music. The voices are metamorphosed in an ear-bending fashion. Some percussion emboldens the cacophony of
vocal effects – abrasive choking, blabbing bilabials, mutilated plosives. Shreds of cello and shrapnels of keyboard endorse doomed ingressives and fallen angels’ weeping.
Blues
This is Dauner’s classic Jazz Trio – or better said ‘anti-classic’. Eberhard Weber’s cello is in a fuzz guitar drag, barely dissimulating that its hovering notes are sustained with a bow. Sudden
modal jazz inroads are served on prepared piano, but as soon as drums and acoustic bass join, the tape accelerates. The bass shifts direction. The trio is masterfully manipulated, in inhibitory
auto-reverse, or kinesthetic overheat. This quasi cyclical pattern of compression and de-compression sounds revolutionary to this day.
Karg
This track was realized by Jürgen Karg in a separate session. It consists of the artist’s scraping and mopping slime and mucus from his caldera-hot upright bass. His technique oscillates between
hollow vibrato and ominous sawing. An incomprehensible, choleric voice vents his temper, upon which Karg plucks the penetrating G-string in leaps laced with Xhosa-like vocal clicks. His col legno
drubbing strikes back in a clipped echo and his glissandos shudder like ripping textiles. Should we reproduce this refractory sound at half-speed, the groan would qualify for a Godzilla movie
(indeed, that is what Akira Ifukube and Eiji Tsuburaya originally did to give the monster a voice). In the lower range, Karg’s experiments have more from Helmut Nadolski than Iancu
Dumitrescu.
Prof. Dr. Kai Gniffke (Sonntag, 19. September 2021 21:25)
Gleich dem Grund des Ozeans ist auch die musikalische Tiefe
mit merkwürdigen Wesen bevölkert: komponierende Kuh, verkleideter Elefant, zeppelingroße Nachtigall. Zum Thema Bass gehört ebenfalls der Zusammenhang von Sex, Mord und Akne. Am Ende hängen
Konzertbe-sucher an Kronleuchtern.
Prof. Dr. Kai Gniffke (Intendant)
SWR
Erik Geiger (Mittwoch, 04. August 2021 22:22)
Jazz und Drogen gehörten von Anfang an zusammen. Bereits in Storyville/New Orleans in den 10er Jahren entstand eine ganze "Reefer"-Kultur (Reefer = Kiffer) zeitgleich mit dem New-Orleans-Jass (sog. Dixieland). Das wurde später weitergeführt, Mezz Mezzrow (ein Freund und Bandmitglied von Bix Beiderbecke) berichtet z.B. in seiner Autobiographie ausfühlich über den Drogen- und Alkoholkonsum.
Steffen Klusmann (Mittwoch, 04. August 2021 22:22)
"Ich nahm Drogen, um den Jazz besser zu verstehen"
Zu den prägenden schwarzen Musikern stießen weiße Kollegen und Literaten wie Norman Mailer. An Baskenmütze, Sonnenbrille und Ziegenbart (goatee) erkannte man die sogenannte Hipster-Szene.
Verhängnisvoll war, dass Drogen von Marihuana bis Heroin im Bebop-Umfeld zum guten Ton gehörten. "Ich nahm Drogen, um den Jazz besser zu verstehen", sagte der weiße Gitarrist Larry Corryell.
Charlie Parker, geboren am 29. August 1920, wuchs in ärmlichen Verhältnissen in Kansas City auf. Bars und Spielhallen boten Livemusik mit schwarzen Künstlern. Dort verdiente Parker, der mit 13 Jahren
ein Saxofon bekommen hatte, sein erstes Geld. Weil er eisern übte, war der Teenager bald gut genug, mit führenden Bigbands durch die Provinz zu touren.
Nach New York kam er 1942. Da war Parker schon den Drogen verfallen: 1937 hatte er sich bei einem Autounfall drei Rippen gebrochen und eine Wirbelsäulenfraktur zugezogen. Heroin spritzte er zunächst
gegen Schmerzen. Dann wurde das Gift Teil seines Lebens, geprägt von Entzugsqualen und Depressionen. Als Junkie hatte der Musiker Ärger mit den Behörden, er unternahm einen Selbstmordversuch,
verbrachte ein halbes Jahr in einer Nervenklinik.
Jim Janson (Dienstag, 03. August 2021 23:59)
Hello Jürgen, I was in Stuttgart as Sodat and saw a great
show from you. It was so great that you were always on my mind. Today while cleaning up I found the flyer and the Polfiter glasses. This was now for the garbage because the foils have come off. But I
haven't seen any more pictures like this in the whole world. It would be nice if the pictures on your homepage could be bought as a book.
I also thought the music for the show was great, and I would love to hear it again. Get in touch if something happens to you again.
06.12.1984–25.01.1985
Jürgen Karg presents a 3D show with self-composed electronic music. Visitors experience fictional rooms and confusingly manipulated
images.
Erik Scheller (Dienstag, 03. August 2021 23:48)
Hallo Jürgen, das waren die schönsten Stimmungen mit
Dir.
Leider kam nichts mehr nach.
Ich finde es Schade so ein toller Klangkünstler, der in der Zeit vorraus war, einfach nichts mehr macht. Doch habe ich mir die CD beim Media Markt gekauft. Doch die LP ist im Klang besser oder ist es
einfach die Stimmung? Platte drauf und Verstärker an und ab in die Traumwelt. Ich genieße es heute mit einem Glas Rotwein und greife zusätzlich zur Schokolade mit Chili. Diese Mischung ist echt ein
Genuss.
Vielleicht kommt noch was aus Deinem Archiv auf CD die man auf Deiner Homepage kaufen kann?
Schade, dass es kein Buch von den 3-D Bildern in R/G gibt wäre heute sicher eines der besten Geschenke, die man jemanden machen kann. Etwas Besonderes, nix von der Stange.
Dein Erik
Hier ein Auszug von dem ich Begeistert bin:
In den 70er-Jahren wechselte Karg einige Jahre zur Musikelektronik. Es entstand (unter anderem) das gesammelte Werk „ELEKTRONISCHE MYTHEN“. Diese Schallplatte wurde ausschließlich mit elektronischen
Klangmitteln realisiert. Vier VCS3 produzierten die Töne und Klänge, gesteuert vom hier vorgestellten Digitalspeicher (Sequencer EMS 256, erweitert auf 8
Ausgangskanäle).
Heinz Teichert (Dienstag, 03. August 2021 23:37)
Karg darf auf ein sehr abwechslungsreiches künstlerisches Leben zurückblicken. In den 60er-Jahren spielte er als Kontrabassist Seite an Seite mit dem Jazzer Wolfgang Dauner ebenso wie im Süddeutschen Rundfunk-Sinfonieorchester in Stuttgart. Letztere Stelle blieb nicht ganz ohne Nebenwirkungen. Zitat: „Ich musste in meiner seelischen Krise das Gerümpel sinfonischer Völlerei in mir entsorgen“ (siehe Artikel: Der Esoterische Abschied).
Martin Morike (Dienstag, 27. Juli 2021 16:58)
Doch warum geben die Wale plötzlich ihr Lieblingslied auf? "Möglicherweise stoßen die Tiere ab einem bestimmten Grad von Komplexität schlicht an die Grenzen ihrer Merkfähigkeit", sagt Van Opzeeland. Und weil sie das Lied nicht mehr verändern können, indem sie es weiter verkomplizieren, machen sie einen radikalen Schnitt. Eine andere Erklärung wäre, dass es sich mit den Liedern der Buckelwale ähnlich verhält wie mit menschlichen Gesängen: Irgendwann kann man auch den größten Hit nicht mehr hören. In diesem Fall würden sich die Tiere aktiv entscheiden, ihr Repertoire zu ändern, weil ihnen das neue Lied besser gefällt.
Armin Niedeking (Dienstag, 27. Juli 2021 16:58)
Wale
In einer Art musikalischer Revolution hören sie schlagartig
auf, ihr altes Lied zu variieren. Und stimmen den neuen Hit aus dem Westen an.
Weibchen zu beeindrucken, ist aber vermutlich nicht die einzige Funktion der Walgesänge. Darauf deuten unter anderem sogenannte Playback-Studien hin, die zeigen, dass nicht nur weibliche Wale
reagieren, wenn man ihnen unter Wasser den Gesang eines - in Wahrheit nicht vorhandenen - Männchens vorspielt, sondern auch die männlichen Tiere. "Unsere Untersuchungen haben zudem ergeben, dass
Buckelwale, anders als bisher angenommen, nicht nur zur Paarungszeit singen", sagt Van Opzeeland. Die Tiere, die jedes Jahr zwischen ihren Paarungsgebieten in tropischen und subtropischen Gewässern
und ihren Fressgebieten in den polaren Meeren hin und her schwimmen, singen auch während ihrer Wanderungen.
Ilka Schleger (Donnerstag, 24. Juni 2021 18:46)
„Free Action“, so nannte sich die im Jahre 1967 von Wolfgang Dauner und seinem Septett herausgegebene Schallplatte. Eine explosive, avantgardistische Produktion mit so bekannten Musikern wie Jean-Luc Ponty (Violine), Gerd Dudeck (Saxofon), Eberhard Weber (Violoncello), Jürgen Karg (Bass) sowie Fred Braceful und Mani Neumeier (Schlagzeug/indisches Tabla). Wolfgang Dauner in seine besten und wildesten Jahren: Weg von den Standardbesetzungen, weg von der Routine, weg von jeglichen Konventionen. Eine hoch spannende Schallplattenaufnahme mit, unter anderen, „Free Action Shot“ oder „Collage“, die noch heute von ihrer Modernität und Experimentierfreudigkeit nichts eingebüßt haben.
Jan Esser (Donnerstag, 24. Juni 2021 17:37)
Karg
This track was realized by Jürgen Karg in a separate session. It consists of the artist’s scraping and mopping slime and mucus from his caldera-hot upright bass. His technique oscillates between
hollow vibrato and ominous sawing. An incomprehensible, choleric voice vents his temper, upon which Karg plucks the penetrating G-string in leaps laced with Xhosa-like vocal clicks. His col legno
drubbing strikes back in a clipped echo and his glissandos shudder like ripping textiles. Should we reproduce this refractory sound at half-speed, the groan would qualify for a Godzilla movie
(indeed, that is what Akira Ifukube and Eiji Tsuburaya originally did to give the monster a voice). In the lower range, Karg’s experiments have more from Helmut Nadolski than Iancu
Dumitrescu.
Anja Sommer (Dienstag, 22. Juni 2021 16:10)
Im Sommer 2016 erschien Elektronische Mythen erstmalig auf
CD, und wieder einmal ist es das Hamburger Label Bureau B, das ein lange verborgenes Schätzchen wieder ans Tageslicht gebracht hat.
Das einzige Album von Jürgen Karg unterscheidet sich fundamental von dem, was in den späten 70ern an elektronischer Musik in deutschen Landen produziert wurde. Das Album steht viel mehr in der
Tradition der frühen, experimentellen Elektroniker wie etwa Seesselberg oder der ersten Werke von Cluster - freilich nur, was seinen radikalen Ansatz betrifft, die Musik - für die mancher das Wort
„Musik“ vielleicht gar nicht gebrauchen würde - klingt wieder völlig anders.
Obwohl nur zwei lange Stücke angegeben sind, handelte sich letzten Endes mehr um eine Collage aus Klangskizzen, Ergebnisse von Jürgen Kargs Experimenten mit verschiedenen elektronischen
Klangerzeugern, die zu zwei suitenartigen Stücken zusammengefasst wurden. Allerlei eigenartige Klangmassen wälzen sich hier aus den Boxen, dröhnend, brummend, sägend, dabei meist träge sich
voranwälzend, gelegentlich anschwellend, hin und wieder auch von leicht chaotisch wirkenden perkussiven Einlagen durchsetzt. Häufig haben diese Klänge etwas Abstraktes, geradezu Sperriges, sind dabei
dennoch nicht ohne Wärme. Im ersten Stück oder der ersten Suite überrascht dabei ein gelegentlich für einige Sekunden einsetzendes repetitives Motiv aus klavierartigen Klängen, das etwas an die
einleitende Sequenz von Magmas MDK erinnert - apropos Klavier, das wieder sehr informative Beiheft der CD-Ausgabe betont noch eimal, dass alle Klänge elektronischer Natur sind.
Jürgen Karg ist mit Elektronische Mythen ein zeitloses Werk gelungen, dessen abstrakte Schönheit den Hörer auch heute noch in seinen Bann zu ziehen vermag. Schön, dass dieses Kleinod jetzt wieder
problemlos erhältlich ist!
Wolfgang Keil (Dienstag, 22. Juni 2021 15:53)
Es ist mal wieder Zeit für etwas Obskures. 1977
veröffentlichte Jürgen Karg sein erstes (und einziges) Album "Elektronische Mythen" auf dem Heidelberger Jazz-Label Mood Records. Jazz ist darauf allerdings nicht zu finden. Der Titel gibt schon
recht gut den Inhalt wieder.
Allzu viel ist über Jürgen Karg nicht herauszufinden. Gerüchteweise stammt er aus (oder aus der Gegend um) Saarbrücken. Ende der 60er Jahre war er als Kontrabassist an Projekten von Wolfgang Dauner
beteiligt (z.B. im Wolfgang Dauner Septett - so ist er auf dem Album "Free Action" aus dem Jahre 1967 zu hören). 1977 erschien dann "Elektronische Mythen", an dem er offenbar 5 Jahre gearbeitet hat
(zumindest beim Track "Die versunkene Stadt - Atlantis" ist als Produktionszeit 1972-77 angegeben - das andere Stück entstand 1977). Ein Bass ist auf dem Album allerdings nicht zu hören, oder
zumindest nichts, was als von einem Kontrabass stammend zu erkennen wäre. Einen weiteren Tonträger hat Karg danach offenbar nicht
veröffentlicht.
Karg schreibt auf der Rückseite des Covers: "Diese
Schallplatte wurde ausschließlich mit elektronischen Klangmitteln realisiert. Vier Synthesizer-Einheiten produzierten die Töne und Klänge, gesteuert von einem Digitalspeicher (Sequenzer mit 8
Ausgangskanälen). Die verschiedenen Speicherprogramme die dabei verwendet wurden, lassen sich als periodisch sich wiederholende Zahlenfolgen darstellen. Diese Zahlenfolgen werden geschichtet und
überlagernd auf die verschiedenen Ausgangskanäle verteilt. Da sämtliche musikalische Parameter veränderbar sind, lässt sich eine Vielzahl von Möglichkeiten durchspielen und die starre Regelmäßigkeit
des Programms beliebig auflockern." Reine Elektroniksounds kommen hier also aus den Boxen, vielschichtig, vielfarbig und digital dicht verwoben. Allerdings meint der Rezensent hin und wieder
(zumindest im ersten Stück) recht deutlich ein Klavier zu hören. Auch ein paar bearbeitete, perkussiv-metallische Sounds könnten einen akustischen Ursprung haben. So ganz scheint das mit dem
"ausschließlich mit elektronischen Klangmitteln realisiert" also nicht zu stimmen.
Wie auch immer, ein sehr interessantes Klanggemenge kommt hier aus den Boxen, das einerseits an die "intellektuelle" Elektronik der 60er Jahre erinnert (so ein wenig an die Musik von Morton Subotnick
oder Tod Dockstader), andererseits eine deutlich kraut-elektronische Komponente à la Kluster/Cluster, frühe Tangerine Dream ("Zeit"), Seesselberg oder Conrad Schnitzler aufweist. Filigrane
Tonkonstrukte und allerlei komplexes und farbiges Zischen, Klimpern und Fiepen wechseln sich mit düsteren Klangwolken und mächtigem, spacig-kosmischem Wabern und Dröhnen ab, das gelegentlich fast in
maschinell-industrielle Gefilde gerät. Beide Stücke sind dabei recht kurzweilig ausgefallen, stellen vielteilige Suiten dar, in denen die von Karg beschriebenen klanglichen Möglichkeiten
abwechslungsreich aneinander gehängt wurden. Alles in allem hat die Musik einen eher düsteren Charakter und würde sich sehr gut als Soundtrack für einen SF-Horror-Streifen machen.
Wer progressive Elektronik schätzt, der sollte sich nach den "Elektronische Mythen" umschauen. Die LP ist gar nicht mal so selten. Ein CD-Reissue wäre
schön!